Radio.string.quartet.vienna & Klaus Paier
Veranstaltungsort: Brauhaus Breznik
Beginn: Mi., 23. Mai 2012 um 20 Uhr
RADIOTREE
Radio.string.quartet.vienna & Klaus Paier
Eigentlich hätten sich der Geiger und Komponist Bernie Mallinger und der Akkordeonist und
Bandoneon-Virtuose Klaus Paier viel früher über den Weg laufen müssen: „Wir kommen aus
demselben österreichischen Tal“, berichtet Mallinger. Aber es dauerte bis zum Jahr 2000, als sie sich
bei einem Workshop endlich näher kennen lernten. Im Jahr darauf arbeiteten sie dann erstmals
zusammen, als Mallinger für Paiers CD-Projekt „Movimiento“ – das übrigens für den „Amadeus“, den
wichtigsten österreichischen Musikpreis, nominiert wurde – ein Streichquartett zusammenstellte.
Nach einigen Umbesetzungen debütierte das inzwischen radio.string.quartet.vienna benannte Ensemble
vor eineinhalb Jahren für ACT mit Celebrating The Mahavishnu Orchestra (ACT 9462-2) – und wie:
Lange hat man die Jazzkritik nicht mehr derart begeistert gehört. Denn die Herangehensweise an
John McLaughlins legendäre Vorlagen war revolutionär: Eine geniale Umkehrung der sonst üblichen
„Verjazzung“ von Klassik war hier zu hören, Jazzstücke bekamen durch ein klassisches Konzept ein
völlig neues Gewand voller Präzision und Tiefe, ohne dabei an Swing zu verlieren.
Eine völlig neue Art von Streichquartett war da also geboren. Eines, das sich mit dem geradezu
rockenden Cello von Asja Valcic, mit der lasziven Bratsche von Cynthia Liao und mit den alle
dynamischen wie perkussiven Möglichkeiten und Klangfarben auskostenden Geigen von Bernie
Mallinger und Igmar Jenner eine eigene Klangwelt und eine revolutionäre Spielweise erschloss. Mit
Radiotree (ACT 9473-2) überträgt das Quartett dieses Konzept auf die Zusammenarbeit mit Klaus
Paier.
„Alle Stücke, auch die sechs von Klaus Paier selbst, sind sozusagen für ein Quintett geschrieben, nicht
für Akkordeon plus Quartett“ erläutert Mallinger. Ein gleichberechtigter Ansatz also, durch den der
einzigartige Nuancenreichtum zur Geltung kommt, den schon das Mahavishnu-Projekt ausmachte.
Auch wenn es hier gewissermaßen zurück nach Europa und von den vier Streichern aus gesehen
wieder mehr in klassische Gefilde geht. So schon in Paiers energischem Opener „FlyUp“ oder seiner
programmatischen „Musical Journey“, in denen sich europäische Musiktradition mit Blues-gefärbten,
jazzgeprägten Passagen verbinden. Daneben erweist das Album aber auch wieder einer Legende des
Jazzrock seine Reverenz: Drei Titel stammen vom wohl berühmtesten österreichischen Jazzer, dem
unlängst verstorbenen Joe Zawinul. Und wieder ist die Umsetzung überraschend: Unerwartet fließend
und ruhig begegnen die fünf ihrem einst so energetischen Landsmann, sowohl bei dem von Johannes
Dickbauer beinahe klassisch arrangierten „In A Silent Way“ wie im von Bernie Mallinger zwischen
dynamischen Explosionen fast meditativ angelegten „Cannonball“ oder im von Klaus Paier ganz auf
die bluesige Melodie verdichteten „A Remark You Made“.
Ein weiteres Farewell geht mit dem wild bewegten „Hosent’raga“ an den 2001 verstorbenen
österreichischen Vibraphonisten und Komponisten Werner Pirchner. Der war ebenfalls ein
Grenzgänger zwischen Klassik, Jazz und Weltmusik und liefert so eine ideale Vorlage für ein
Streicherquartett, das mit technischer Brillanz, kreativer Kraft und kompositorischer Finesse
selbstbewusst einen eigenen Rang zwischen den gängigen Vertretern des Jazz reklamiert.